Die Gewerken des „Briloner Eisenberges“ und der „Olsberger-Hütte“

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Charlotte UnkrautAuch Frauen standen ihren Mann!

 

Charlotte Catharina Unkraut aus Brilon (1762-1839) ist eine kluge und  außergewöhnliche Unternehmerin gewesen, ihr sei sogar die Rettung der  Olsberger Hütte zu verdanken. So wurde es anlässlich der Eröffnung des  Museums „Haus Hövener“ in Brilon berichtet. Tatsächlich hat sie wesentlich zur Expansion der OH beigetragen.

Das Haus Hövener hatte sie 1816 gekauft. Sie war eine geborene von  Germeten und war mit dem Gewerken und Briloner Bürgermeister Johann Heinrich Unkraut (1758-1815) verheiratet. Geerbt hatte sie den gesamten Haus- und Grundbesitz der Kannegießers, sowie deren Anteile an Gruben, Schmelzhütten und Hammerwerken, denn ihr Onkel Richard Kannegießer hatte keine besonderen Aktivitäten als Gewerke entfaltet. Mit seinem Tod im Jahre 1820 war die Ära Kannegießer zu Ende.

HolztafelDie Gewerken um Kaspar Kropff, Ulrich, Unkraut, Kannegießer und Franz Kropff haben von 1780 bis 1794 den Max Stollen hauen lassen. Die stark reduzierten Einkünfte der vergangenen mageren Jahre veranlassten die  Frauen, ihr Silber und ihren Schmuck zu verkaufen, um das Unternehmen weiter zu erhalten. Dies war vermutlich eine der größten Aktivitäten, welche gemeinsam von den Brilonern und Olsberger Gewerken bewältigt wurden, denn ab etwa 1823/25 begann die Epoche der Olsberger Kropffs.

Die Besitzanteile an der Olsberger Hütte waren im Jahre 1797 wie folgt verteilt:

Heinrich Caspar  Kropff = 59,9 %,

Friedrich Bernhard Kropff-Hester = 21,2 % und

Richard Kannegießer = 18,9 %.

GießereiCharlotte schloss mit dem Olsberger Gewerken Kaspar Arnold Kropff am 04.Juli 1822 einen Vertrag, dass die Produktion von Roheisen in der Olsberger-Hütte konzentriert werden sollte. Außerdem sollte das Werk kpl. erneuert werden. Die veralteten Betriebsanlagen wurden 1823 abgerissen. Neu entstanden daraufhin ein moderner Hochofen, eine Gießerei und ein Schleifwerk. Dass diese erneuerte Olsberger Hütte bis heute Bestand hat liegt u.a. daran, dass die Anteilseigner beschlossen hatten, ihr Interesse und ihre Geldmittel  vordringlich in die Olsberger Hütte zu investieren. Dies war ein Schritt zur Aktivierung der unternehmerischen Kräfte im Eisenhüttenwesen des Sauerlandes.

Die OH war zum modernsten Hüttenwerk in Westfalen und im Ruhrgebiet geworden!

 

In der Zeit dieser Erneuerungen wurde der sehr tüchtige Geschäfts-und Eisenhüttenmann, der Mitgewerke der OH, Apotheker und Dr.med.Caspar Arnold Kropff (1777-1850)

alleiniger Besitzer der bisherigen Familiengesellschaft. Sein taktisch kluges Vorgehen brachte positive Auswirkungen auf die weitere Entwicklung und den Fortbestand der OH.

Ida und die Hütte

Alleinbesitzer waren nachfolgend:

sein Sohn Friedrich Caspar Kropff (1808-1867),  sein Enkel Kaspar  Kropff (1835-1888) und die Witwe (von Kaspar) Ida Kropff-Federath, geborene Brüning (1839-1918), eine Verwandte von Reichskanzler Heinrich Brüning. Somit stellt sich für mich die Frage, wer hatte bei der OH eigentlich das verantwortliche „Sagen“? Waren es die Briloner hochkarätigen Familien Kannegießer/Unkraut mit ihrer Gewerkin Charlotte, oder waren es die Olsberger Gewerken Kropff/Hester, welche  im Jahre 1797 zusammen  81,1 % Anteile an der OH hatten und diese bis auf 100 % aufgestockt haben.

Die Macht der Anteile gibt hier wohl die Antwort, es war die Epoche der Kropffs!

Die Epoche der vier Kropffs-Alleinbesitzer von 1823/25 bis 1918 brachte der OH einen weiteren Aufschwung.

Haushaltsgeräte1854  Anschaffung einer Dampfmaschine

1855 Errichtung eines Kupolofens, als Voraussetzung für eine moderne Gießerei.

Beginn der Fertigung von Kochgeschirren und Bratpfannen, dazu kamen dann noch: Kuchenformen, Waffeleisen, Herddeckel, Rosten, Feuerungstüren, Rußabsperrer, Geschränke, Keller- und Dachfenster, Plätteisen, Kaffeebrenner usw. (Haushaltsgeräte)

1870 Aufnahme der Produktion transportabler Kesselöfen (täglich über 150 Stück)

Die Olsberger Hütte wird mit diesen Produkten Marktführer in Europa.

1875 Fertigung von modernen Zimmeröfen und Kachelherden

1895 Bau eines Emaillierwerkes und Produktion der ersten emaillierten Zimmeröfen.

Bei der Arbeit1914 Herstellung von majolika emaillierten Küchenherden und Heizkörpern für Dampf – und Warmwasserheizungen, in allen nur denkbaren Farben.  

Die OH wird in dieser Zeit „Herdfabrik“ genannt. In alten Lexika findet man unter „Olsberg“ noch den Hinweis: bekannt durch Ofenfabrik.

1918 Ida Kropff Federath ist gestorben. Sie hatte ihr gesamtes Vermögen in die Kropff - Federath Stiftung eingebracht und dem Erzbistum Paderborn übereignet. Hiermit waren die Nachkommen der Familien Brüning/Kerl’e, Everken/Grüne und Hövener faktisch enterbt und die Ära Kropff beendet.

GewerkenhausDie Stiftung war zunächst auf die Aufnahme von Waisenkindern und zur Unterstützung in Not geratener Mitarbeiter ausgerichtet. Heute konzentriert sich die Stiftung als Einrichtung „Jugendhilfe“ auf ins Abseits geratene Kinder und Jugendliche.    

In einem Rechtsverfahren  (1919/1920) gelang es den Familien Brüning/Kerl’e, Everken/Grüne und Hövener die OH Anteile vom Erzbistum Paderborn zurück zu kaufen. Dies war möglich, da Ida Kropff - Federath in ihrem Testament folgendes angewiesen hatte:

„Sollte die OH und oder auch die Altenbekener Eisenwerke noch zum Vermögen gehören, so sollen die Werke, sobald es tunlich, durch Verkauf versilbert und der Erlös als Teil des Stiftungsvermögens in wirtschaftlich guter Weise angelegt werden“. Weitere Gebäude, Inventar, Grundbesitz usw. sollten als Stiftungsvermögen erhalten bleiben. Mitglieder der drei         Familien gründeten 1920 eine GmbH. Direktor wurde der Gießereiingenieur Hermann Everken, ein Neffe von Ida Kropff - Federath, bisher bei der Fa. Krupp in Essen als Leiter der Gießereien tätig.

Somit hatte die OH ihren ersten Fachmann für die Herstellung von Gießereiprodukten.

Schmelzbetrieb1920 beginnt bis heute, die Epoche der Nachkommen der drei Familien, Brüning/Kerl’e, Everken/Grüne und Hövener. 

Franz Anton Paul Bernhard Hövener heiratete 1958 die Witwe Sophie Kersting. Ihr Sohn Edward wurde am 01.10.1965 Anteilseigner und Geschäftsführender Gesellschafter der OH.

Am 01.04.2000 übernahm sein Sohn Ralf die Geschäftsleitung.  

 

Die Olsberger Hütte (heute Fa. Olsberg Hermann Everken GmbH) ist also seit ihrer Gründung bis heute (wahrscheinlich schon seit 1510) im privaten Familienbesitz. 

Haus HövenerAuch der Name Unkraut ist inzwischen in Brilon erloschen. Maria Antonia Unkraut (1877-1956) war die letzte, die das Erwachsenenalter erreicht hatte. Sie heiratete 1896 den Geheimen Regierungsrat Philipp Arnold Franz Joseph August Hövener (1861-1956). Das erste Kind, Antonie,  geb.1898 ist schon 1902 gestorben. Weitere Kinder waren Dr. Maria Peters geb. Hövener 1902-1988, Franz Anton Paul Bernhard Hövener und das vierte Kind aus dieser Ehe Wilhelmine Ida Maria Hövener.

Die Studiendirektorin Wilhelmine starb am 17.12.1999 im Alter von 93 Jahren. Sie brachte ihr gesamtes Erbe in die „Stiftung Briloner Eisenberg und Gewerke“ ein. Besonders hervorzuheben ist die für die damalige Zeit ungewöhnlich hohe Zahl tüchtiger und erfolgreicher unternehmerischer Frauen.

 

Quellennachweis:

Buch; „Goldene Zeiten“ Sauerländer Wirtschaftsbürge vom 17. – 19. Jahrhundert Herausgegeben im Auftrag des Landschaftsverbandes Westfalen Lippe

von Stefan Baumeier und Katharina Schlimmgen Ehmke

Buch;  Die Olsberger Hütte  Eine Industriegeschichte Herausgegeben 1993 Olsberger Hütte Verfasser Paul Vorderwülbecke

Bilder: Aus den Büchern: „Goldene Zeiten“ und „Die Olsberger - Hütte, Klemens Kordt, Wilfried Rosenkranz

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