Ab Mitte des 19.Jahrhunderts wurde in Westfalen eine gezielte Pferdezucht betrieben. Es gab in unserem Raum überwiegend kleinere Pferde, die zum Teil aus Wildbahnen stammten, wie zum Beispiel aus dem „Merfelder Bruch“ bei Dülmen. Für die Arbeiten in der Landwirtschaft gab es jedoch mehr Zugochsen als Pferde.
Der Bedarf an schwereren Arbeitspferden nahm ständig zu, so dass die Zuchtrichtung nach „Warmblütigem“ und „Kaltblütigem“ Pferdeschlag betrieben wurde. Ein Warmblut ist ein kräftiges, gut gebautes Reit-, Wagen-, und Arbeitspferd, ein Kaltblut dagegen ist ein kräftiges, breites, gut gebautes und gutmütiges Arbeitspferd, welches heute häufig vor Planwagen eingesetzt wird. Vollblüter (arabische Rassen) und Ponys werden oft mit Warmblütern gekreuzt. Einen besonderen Zuchterfolg hatten jetzt die Eheleute Rita und Thomas Müller vom Schultenhof auf der Gierskopp. Das zweite Hengstfohlen von ihrer Kaltblutstute "Amanda" wurde auf der Herbstkörung gekört (Zuchtauswahl). Der Junghengst wechselte danach ins Landesgestüt in Warendorf, für die Pferdezucht in Nordrhein-Westfalen.
Sieht unter Historisches: "Die Hofstätten auf der Gierskopp".
Von den Olsberger Fuhrleuten und Landwirten mit ihren Pferden sind schon viele in Vergessenheit geraten. In früheren Jahren sah man Pferde als Zugtiere vor: Milch-, Mühlen-, Bäcker-, Bier-, Spediteur-, Leiter-, Jauche-, Langholz-, Jagd-, Kasten oder Flechtwagen, Schlitten, Schleppschlitten für Meterholz, Schotterschleppen im Straßenbau, Schneepflüge und Kutschen aller Art. Überwiegend wurden die Pferde als Zugtiere vor den vorhandenen landwirtschaftlichen Geräten eingesetzt. Ein weiteres Standbein war das Holzrücken und das Abfahren in den Zeiten, wo es in der Landwirtschaft nicht genug zu tun gab. Um 1910 betrieb man mit Pferden einen Linienverkehr zwischen Adorf und Bredelar. In Hesborn gab es ein Pferdetaxi. Auch für den Antrieb von Mühlen und Aufzügen wurden Pferde eingesetzt, in speziellen Pferdegöpeln. (Göpel sind mechanische Vorrichtungen zur Erzeugung einer Antriebskraft.) Unvergessen sind die Zirkus-, Reit- und Springpferde, ebenso aber auch die bei Polizei und Militär eingesetzten Pferde. Viele dieser Pferde waren bei Tierschauen, Viehmärkten oder bei Pferdeprozessionen zu sehen. In der Spanischen Hofreitschule in Wien wird mit den weißen Lipizzanerhengsten die Lektion der „Hohen Schule“ ausgeübt. Das Ziel ist, das Pferd bei möglichst langer Gesundheit schöner zu machen.
Heute sieht man neben einigen Pferdekutschen (Otto Decker) fast nur noch Reit- und Springpferde. Die noch wenigen Rückepferde für die Forstbetriebe werden mit entsprechenden Fahrzeugen zum Einsatzort gefahren und sind somit indirekt auch aus dem Dorfbild verschwunden. Hier hat sich aber gezeigt, dass durch den bedingungslosen Einsatz seiner Muskelkraft das Kaltblutpferd sich bestens in der Forstwirtschaft bewährt hat. Werden mit Pferden die Baumstämme im Wald gerückt, werden weit weniger Schäden am Baumbestand und am
Boden verursacht als beim Einsatz großer Forstmaschinen. Die Pferde sind jedoch großen Strapazen ausgesetzt, denn die Arbeit geschieht oft in schwierigem Gelände und /oder bei schlechtem Wetter. Nicht bekannt sind die Ausfälle durch früh verbrauchte oder verunglückte Pferde.
Unter einer Rosskur versteht man im traditionellem Sinne eine drastische, medizinische Behandlung mit zweifelhaften Methoden. Dachten Sie bislang auch so? Es gibt tatsächlich Reitställe, wo Pferde Kuren machen, so z.B. auf der Insel Borkum. Behandelt werden: Juckreiz, chronische Bronchitis, Verschleiß und Zivilisationskrankheiten.
In Reitschulen kann man mit dem Kumpel Pferd auf Tuchfühlung gehen, denn Pferde sind echte Sport- und Freizeitpartner, man kann erfahren wie sie sich anfühlen, wie sie riechen, sich bewegen, sich anhören, sich unterhalten, was man mit ihnen machen und erleben kann.
Bei sehr vielen Brauchtümern, welche im Sauerland gepflegt wurden, durften die Pferde nicht fehlen. Ob als Reit- oder Zugpferd, sie gehörten dazu. Beispielhaft sind die Königskutschen bei Schützenfesten, oder auch als Zuggespann für das Nikolausschiff, begleitet von berittenen Herolden.
Eine Olsberger „Schmunzelgeschichte“
Früher trat so manches Pferdegespann,
selbstständig vom Felde seinen Heimwerg an.
Der Bauer von der Arbeit müde, wollt nun etwas pennen,
döst auch schnell ein, da die Pferde den „Wirtschaftsweg“ ja gut kennen.
Ein kurzer Stopp, ein Bier und ein Schnaps wurde rasch getrunken,
die Pferde waren zwar angespannt, aber in Träumen versunken.
Doch dann ging es weiter, zur letzten Etappe,
denn die Pferde wollten nach Haus, zur Futterklappe.
Der Tag war zu Ende, das Tagwerk vollbracht,
und morgen, wird’s wohl wieder so gemacht.
Vielleicht geht’s aber auch anders, die Pferde bekämen zum Dank,
etwas mehr Hafer und einen wirklich guten Trank.
Ein Pferd an der Theke, das kann doch nicht sein,
ich habs nur geträumt, das fällt mir jetzt ein.
Vermutlich bleibt also alles beim Alten,
sowie es die Alten, immer gehalten.
Eine kleine Bildergalerie
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1) Zigeuner auf dem Weg über Olsberg zur Kirmes in Küstelberg.
2) Kreistierschau in Olsberg, vor dem ersten Weltkrieg.
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3) Kutsche vor dem Sanatorium Dr. Grüne, Kutscher ist Josef Bathen.
4) Kutsche von Landrat Dr. Federath, vor der Kirche.
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5) Umzug beim Kriegerfest 1933 in Olsberg.
6) Festzug der Handwerker, Mitte der dreißiger Jahre, Fuhrmann Heinrich Ditz.
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7) Hoch auf dem Erntewagen, Wilhelm Kahle – Remmers.
8) Süggelers bei der Kartoffelernte unterm Olsberg.
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9) Herbert Schlüter mit seinem weißen Gespann vor dem Nikolausschiff.
10) Anton Biermann mit zwei Oldenburgern, 1943 gefallen.
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11) Josef Schumacher, Oberscharführer, gefallen 20.04.1944 in Bads Ischl.
12) Heuernte, Gespann von Karl Padberg, oben auf dem Wagen, Fuhrmann war Franz Stemmer.
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13) Lehrer Anton Pape wird im Jahre 1936 beerdigt, Fuhrmann Josef Bathen.
14) Beerdigung, Ruhrstraße Olsberg / Hauptstraße Bigge, Fuhrm. J. Bathen
Quellennachweis:
Leute und Pferde im Kreis Brilon, von Peter Becker, Brilon
Bilder aus Olsberg: Olsberg und seine Dörfer, Olsberg ein Dorfporträt, H.Jürgens, L.Keuthen, Kolping, Foto Kruse, W.Rosenkranz, W.Vollmer