Am 10.11. vor 70 Jahren starb der am 18.10.1939 Hundert Jahre alt gewordene Schlossermeister Heinrich Schmücker aus Olsberg. Schmitterkes Vatter, wie er genannt wurde, war zu der Zeit der älteste Einwohner des Kreises Brilon.
Aus dem damaligen Zeitungsartikel Besuch bei einem Hundertjährigen entnehmen wir einige Passagen aus dem von Ihm erzählten Lebenslauf.
Der Jubilar berichtete, dass um 1850 erst wenige Häuser in Olsberg waren. In den Strassen versank man im Dreck, elektrisches Licht und eine Wasserversorgung gab es noch nicht. Die Menschen waren einfacher und anspruchsloser.
Der Vater von Heinrich war Schwiebert Schmücker aus Rösenbeck, er heiratete am 18.07.1789 Maria Elisabeth Hegel, die Steineken Stätte geerbt hatte. Als diese Stätte abgebrannt war, kaufte er vom Gemeindevorsteher Franz Sonntag die Rüthers Stätte. Diese reichte von Cafe Müller bis zur Olsberger Hütte. Im Jahre 1872 wurde das heutige Wohnhaus Everken von Schmückers erbaut. Heinrichs Bruder Lorenz, verheiratet mit Brigitte Kahle Remmers, war der Haupterbe der Schmückerschen Besitzungen.
Heinrich hat nach seiner Schulzeit beim Alten Bültmann in Bigge das Schlosserhandwerk erlernt. Nach der Lehrzeit ging er nach Dortmund und Witten. Schon mit 18 Jahren hat er sich bei den Preußen zur siebten Artillerie-Brigade in Köln gemeldet.
Nach dreijähriger Dienstzeit kam er nach Olsberg zurück und wurde Modellschlosser auf der Olsberger-Hütte. Damals wurden die Modelle noch aus Eisen und Blech hergestellt. Im Dienste der OH war er 51 Jahre. Mit besonderem Stolz berichtet er von der großen Visite im Hotel Kahle, anlässlich seines 50jährigen Dienstjubiläums im Jahre 1911.
In den Kriegsjahren 1864 bis 1866 war er in der so genannten Handwerkerkompanie, wurde dann aber von der Hütte als unabkömmlich reklamiert. 1870/71 wurde er nochmals eingezogen, war aber nicht an der Front.
Geheiratet hat er im September 1863 Frau Elisabeth Kahle, Tochter von dem Nagelschmied Bernhard Kahle und Magdalene Plugge. Der Ehe entstammen sechs Kinder, 2 Jungen und 4 Mädchen. Die Mädchen sind alle in die Genossenschaft der Vinzentinerinnen eingetreten. Der Jüngste Sohn, geb. 06.09.1878, getauft auf den Namen Aloisius, wurde Franziskaner und unter dem Namen Adalbert am 29.06. 1921 zum Bischof geweiht. Nach qualvollem Leiden starb er am 08.08.1927.
(Zu einem späteren Zeitpunkt ist über den Bischof ein eigener Bericht geplant.)
Zu den Angewohnheiten des Jubilars gehörten das Skat- und Schafskopfsspiel, das Rauchen einer Pfeife oder Zigarre und das obligatorische Schnäppsken.
Weiter berichtet der Jubilar, dass er nur einmal im Leben benebelt gewesen sei. Es war im Jahre 1864, er kam vom Militär nach Hause, konnte aber nur bis Soest fahren. Mit mehreren Soldaten ging es dann zu Fuß über Kallenhardt und Bigge nach Olsberg. In Bigge feierte man das erste Schützenfest, die jungen Soldaten wurden ordentlich traktiert und der Frühschoppen reichlich verlängert. Endlich in Olsberg angekommen gab es vom Schwiegervater die fällige Gardinenpredigt.
Bis in seine 90er Jahre ist Schmitterkes Vatter immer noch im Haus und in der Werkstatt leichter Beschäftigung nachgegangen. Noch während des Weltkrieges hatte er sich mit der Herstellung von großen Kaffeemühlen befasst, welche auch zum Mahlen von Getreide benutzt wurden.
Bis ins hohe Alter war es für den Jubilar selbstverständlich zum Schützenfest zu gehen. Auf dem Bild sieht man Heinrich auf der Königsbühne.
Der Jubilar konnte sich sehr genau an viele Veränderungen in seinem langen Leben erinnern. Er berichtete u. a. von den Postkutschen-Verbindungen und dem Bahnbau 1870/72, wie sich Olsberg vergrößert habe und wie alles lebhafter geworden sei.
Als besonders tragisches Geschick muss man es bezeichnen, dass der Jubilar kurz vor seinem Ehrentag einen kleinen Unfall erlitt, der ihn ans Bett fesselte. Hiervon erholte er sich nicht mehr, er starb drei Wochen später, am 1.11.1938