Im Jahre 1927 kauften die Vereinigten Elektrizitätswerke etwa 30 Morgen (= 75.000 m²) Wiesenland im Ruhrtal, über der Sägemühle Vollmer, zwecks Errichtung eines Sammelweihers für eine geplante Stromerzeugungsanlage. Der Bau des Stausees und des Kraftwerkes Steinhelle erfolgte dann in den Jahren 1927 und 1928.
Der Elektrizitätsverband Büren Brilon (EVBB) gab am 17. November 1923 bekannt, dass er beabsichtige, eine aufwendige Rohrleitung für ein neues Kraftwerk Steinhelle anzulegen, um die Wasserkräfte der oberen Ruhr und der Neger zu vereinigen. Dem EVBB wurden Auflagen gemacht, dass die Wasserversorgung und die Fischerei weiterhin gewährleistet sein muss.
Da man befürchtete, dass sich der Grundwasserspiegel senken würde, kam man mit dem Bau des Stausees auch in den Genuss einer Trinkwasserleitung (die EVBB gab einen Zuschuss). Am 09.04.1924 erteilte der Regierungspräsident die Genehmigung zum Bau des Wasserkraftwerkes Steinhelle. Die gesamte Anlage umfasst außer dem Kraftwerkhaus drei Stauseen mit zwei Wehrhäusern, ein Nebenkraftwerk, eine zehn km lange Rohrleitung, ein Vereinigungshaus, ein Wasserschloss und zwei Doppelwohnhäuser. Im März 1927 wurde die Firma AEG Berlin mit der Bauleitung und die Firma Schlüter in Dortmund mit der Ausschachtung des Rohrgrabens beauftragt.
Die Wasserkraftanlage beginnt mit dem Stausee zwischen Siedlinghausen und Brunskappel, in einer Höhenlage von 420 m. Im Jahre 1927 wurde der 6 m hohe und 85 m lange Staudamm aufgeschüttet. Der Weiher fasst 42.000 m³ für die Stromerzeugung nutzbares Wasser.
Das Wasser wird in die Rohrleitung, welche an Ort und Stelle geschalt und betoniert wurden, geleitet. Die Rohre mit einem Durchmesser von 1,30 m wurden zum Bornstein (529 m) geführt. Durch den Berg wurde im Dezember 1927 ein 1,50 m hoher Stollen getrieben. Abgedichtet wurde diese 710m lange Wasserleitung mit einer Betonauskleidung, die schon 1928 aufgetretenen Risse mit einer Zementmilch.
Der Baubeginn für den zweiten Stausee (auf der grünen Wiese, unterhalb von Wiemeringhausen) war im Mai 1927. Der Stausee sammelt in der Nacht das Wasser an und verstärkt damit die tagsüber zufließende Wassermenge, welche zur Abdeckung des täglichen Spitzenverbrauches benötigt wird. Der im März 1928 fertig gestellte Weiher fasst 15.000 m³.
Unterhalb von Wiemeringhausen wurde direkt an der B 480 das Vereinigungshäuschen gebaut. Hier werden die Rohrleitungen vom Ruhr und Negerweiher zusammengeführt. Aus beiden Stauseen können somit bis zu 4.000 Liter pro Sekunde zum Wasserschloss gegeben werden. Bei geringerem Bedarf kann das überschüssige Wasser über die Rampe und durch das unter der Strasse hindurch geführte Ablassrohr wieder in die nahe Ruhr abfließen. Es ist auch möglich, das Wasser der Neger dem Ruhrweiher zuzuleiten.
Die Rohrleitung (zwei Meter Durchmesser) ab dem Vereinigungshaus wurde über einen Bergrücken bis nach Steinhelle, dem natürlichen Zusammenfluss von Ruhr und Neger geführt. Sie war an Ort und Stelle geschalt, armiert, aus Splittbeton betoniert,ohne Innenputz und schon bald an mehreren Stellen undicht. So war in den Jahren 1934 bis 1937 eine gründliche Überholung erforderlich. Das Wasser schießt nun in einer eisernen Leitung von 1,80 m Durchmesser zu Tal, wird unter der Neger, den Bahngleisen und der Strasse hindurch geführt und wieder durch eine eiserne Leitung den Schmalenberg hinaufgeführt. Die weitere Leitung verläuft auf einer Höhenlage von 420 m durch den Wald zum 1928 erbauten Wasserschloss. Es fasst 1250 m³, hat einen Schacht mit drei Kammern und kann die Wassermenge aufnehmen, die als Welle bei einer Notabschaltung zurückkommt.
Die eiserne Druckrohrleitung mit einem Durchmesser von 1,40 m hat bis zu dem Kraftwerk ein Gefälle von 77 m, ist über 300 m lang und endet in einem Hosenrohr, welches das Wasser den beiden Voith-Francisturbinen zuführt. Jede Turbine kann 2.000 Liter in der Sekunde aufnehmen. Sie wurden mit zwei Drehstrom Generatoren der AEG gekuppelt, die je 1750 kVA leisten.
Diese erzeugten den Strom mit einer Spannung von 6.000 Volt. Über je einen Transformator speisten die Generatoren die Elektrizität in das 24-kV-Netz ein. Das Betriebswasser des Kraftwerkes wird kontinuierlich durch einen Untergraben dem Olsberger Stausee zugeführt. Außerdem durchfließt die Ruhr den Stausee. Dieser wurde von der Firma Baresel, Stuttgart gebaut.
Einige der Mitarbeiter (u.a. Karl Kroth und Leo Benk) sind nach der Fertigstellung in Olsberg geblieben. Der See hat einen Inhalt von 72.000 m³. Über eine 15 m lange Stauklappe und ein Grundablassrohr von 3,00 m Durchmesser wird die Auslaufmenge geregelt. Bei einem Gefälle von sieben Metern bot es sich an, die Wassermenge noch zu nutzen. In dem Nebenkraftwerk wurde eine Kaplanturbine und ein AEG-Generator, der 300 kVA leistet, eingebaut.
Im November 1927 wurden für die 24-kV-Doppel Hochspannungsleitung nach Büren die Masten gesetzt. Ab dem 17. März konnte das Kraftwerk Steinhelle seinen Strom in diese Fernleitung einspeisen. Am 30. Dez. 1929 erteilte der Regierungspräsident die Genehmigung zum Bau und Betrieb einer weiteren Hochspannungsleitung bis Freienohl. 1951 wurde das Umspannwerk Steinhelle gebaut. Damit konnte das Kraftwerk in das 110-kV-Hochspannungsnetz einspeisen.
Der derzeitige Inhaber des Stausees, die RWE, ist mittelfristig nicht bereit, die dringend erforderliche Ausbaggerung durchzuführen. Der Schlamm soll eventuell umgeschichtet und begradigt - und der Kanal vom Kraftwerk zum Stausee freigemacht werden, um die Fließgeschwindigkeit des Wassers zu verbessern. Man will eventuell das Umspannwerk zur Besichtigung freigeben, einen Energielehrpfad einrichten und einen gastronomischen Betrieb ansiedeln.
Nach Fertigstellung der Umgehungsstrasse muss man sicherlich den gesamten Bereich Kraftwerk Umspannwerk Stausee etwas attraktiver gestallten.
Quellennachweis:
- Landeskundliche Schriftenreihe für das Kurkölnische Sauerland
Stromversorgung im Sauerland 1891 1935
- www.derwesten.de /nachrichten /städte /olsberg /Joachim Aue
- Olsberg gestern und heute, Josef Roggenkamp
- Bilder: Lorenz Keuthen und Wilfried Rosenkranz