Die Olsberger Geschichtsschreiber, Henricus Kropf, Dr. Heinrich Körling und Josef Roggenkamp haben in ihren Aufzeichnungen fast immer über die beiden Hofstätten, den Schulten oder Wredenhof und den Kondukters oder Kohlhasenhof gemeinsam berichtet. Dieses ist verständlich, denn beide Höfe gehörten einmal zum Schloss Schellenstein in Bigge.
Die frühesten Nachrichten über die Gierskopp finden wir im Lagerbuch der Pfarrei zu Bigge: Dos Ecclesiae in Bigge Deo et sancto Martino Episcopo patrono sacra, maledictus qui violaresit.
Schon im Jahre 1270 wird dort von zwei Höfen auf der Gierskopp berichtet. Beides waren Meyerhöfe (Meyer/Meier sind vom Gutsherren eingesetzte Verwalter) und waren Schloss Schellenstein zugehörig. Über einen längeren Zeitraum schweigt dann die Geschichte, denn erst die Inschrift über der Tür des Schultenhofes gibt uns die Nachricht, dass das Haus 1582 erbaut wurde. Im Jahre 1622 haben die Eheleute Volpert Kohlhase und Elsa Stahlschmidt, eine begüterte Frau aus Bigge ein new haus erbawet denn der Konduktershof war 1621 abgebrannt. Ihr Sohn Stoffel, er war Meyer auf dem Schultenhof, übernahm nach dem Tode des Vaters den Schultenhof, die Mutter bewirtschaftete als Witwe den Konduktershof weiter, bis sie nach Dechten einheiratete.
Der Konduktershof (Kondukter, wenn die Leitung erblich übertragen wird) war schatzbar (Steuerpflichtig) und wurde viele Jahre pachtweise gebraucht. Oft war der jeweilige Meyer auch der Lehnsträger des Schultenhofes. Um 1658 hat der Schultenhof auch einige Zeit Schatzung bezahlt. Beide Höfe hatten eine eigene Mark (gemeinsame Länder und Wälder) mit den dazu gehörenden Gerechtigkeiten. Die Gierskopper Mark war allerdings ein Bestandteil der Olsberger Mark. Zwischen den Olsbergern und den Herren auf Schellenstein erwuchsen immer Streitigkeiten. So kam es zum Beispiel 1864 zum Vergleich zwischen dem inzwischen schon lange selbstständigen Schultenhof und den Rechtsnachfolgern auf Schellenstein, dem Freiherrn von Wendt aus Gevelinghausen, in dem aus dem Vollspann ein Halbspann wurde. Heute hat der Konduktershof seine Halbspann Gerechtigkeit nicht mehr. So erinnert nur noch die des Schultenhofes an die untergegangene Mark der Gierskopp.
Zu dem kurkölnischen Lehnsgut Schellenstein gehörte auch der Konduktershof mit folgenden Pertinenzien (zugehöriges Land, Wiese) in der Olsberger Mark:
Franz Bernhard Kropff zu Olsberg | betrifft | Hesters |
Kaspar Kropff | Kroppes | |
Jordan zu Olsberg | Künnen | |
Adam von der Wülbecke zu Olsberg | Karnets | |
Heinrich Bültmann zu Olsberg | Herziges | |
Adam Kahle zu Olsberg | Remmers | |
Schüppe zu Olsberg | Schüppen | |
Wilhelm Rüther zu Olsberg | Rüthers | |
Kaspar Körner zu Olsberg | Scheperhinrichs | |
Joh. Körner zu Olsberg | Bürgers/Lubiges | |
Heinrich Kather, Schulte zu Giestop | Schulten auf der Gierskopp |
Dieses Verzeichnis ist erst aus dem Jahre 1819, es gibt sehr viel ältere, die jedoch sehr mangelhaft abgeschrieben wurden.
Im Jahre 1584 besteht ein Streit zwischen dem Junker Rembert Wrede zum Schellenstein, dem die Gierskopper Güter gehören und den Gewerken der Olsberger Hütte wegen der Wasserflüsse der Gierskopp und der Ruhr. Folgendes wird ausgehandelt:
Contracts deß olsperger hütten wasserfluß halber.
Nach weitschweifiger Verhandlung wird vor dem Bigger Pastor (er fungierte als kaiserlicher Notar) ein Vergleich geschlossen. 1590 wird dieser Vergleich durch den Bigger Pastor Herr Michael Böbbinghof (am Mittwoch nach Trinitatis) beurkundet. Im Jahr 1595 Uf Sontag Vor Pfingsten sind der Erenuest Remmerdt wrede Zum Schellenstein an einem, und der ersame Gerhard Koilhasen selig nachgelassenen Erben, Heiman KrüPer, Gordt Renter und Brun Reuter, wohnhaftt Zu OlsPerg allsamp gewerrKen and theilen der Hütten Wasserflüß halben Zu OlsPerg uber einkommen und sich mit deme Juncker verglichen wie volgeet: Erstlich, derweil v. etliche Jaren bemelte beide Partheyen ein vor Gülter Contrctis uf gericht, Alß Nemlich ermelte Gewercken dem Junkern Jarlich weg deß Wasserflüß einen tag mit Vier Span Pferden zu deme Ver Pflichtet gewesen, darüb obgemeltem Junckern ein gebläß uf ermelter hütten, wans Ime gelegen Zu blasen Vergünstiget ist worden. So haben Ime ermelte Parteyen, deme nach dis Jar verflossenes, als Nur dieses Jares halben mit ermeltem Junckern deß wasser fluß halben handelen müssen.
Soweit der Anfang des Vergleiches in Transskription (Umschreibung), nach dem Original zeilengerecht und in Originalschreibweise gefertigt, im November 1984 von Herrn Erich Völlmecke.
Durch die großen Drangsale des 30jährigen Krieges (1618 bis 1648) sind die zum Urdorf Olsberg gehörenden Ortschaften: Duinghausen, Drönkhausen und Bodinghausen untergegangen, der Ortsteil Gierskopp aber blieb bestehen.
Im Dorff oder Bauerbuch des Dorffs Oilßborn aus dem Jahre 1651 beschreibt Henricus Kropf sehr genau die Rechte und Pflichten der Gierskopper Bewohner.
Die Uffr Jerschop haben ihre eigene Viehe Drifft Und schäfferei, so Viell sie deren deß winters Uff ihren Ställen futtern Konnen, mehres Ist ihnen Von Unseren Vorelttern laut Der Polecei ordnung, deß sommers in der Weide Zu haben niemals gestadtt worden.
It. Der schäffer Uffr Jerschop darff nicht höden, Uber daß sippen so hinterm gehegete herab Khombt,
It. an Dem Duuenstock, Und Uff die Embd, hatt niemalß Kein schäffer höden mögen, Ich henrich Krop habe auch daselbsten niemalß Keinen schaffer von der Jerschop höden sehen sind aber mudewillige gestern gewesen, Die Darüber gethan sind Von Denen Von olßber gepfendet worden Dan Die Von Der Jerschop haben an Denhen ortten nicht ein einzige fohr landes liggen.
It. Wenn Maste ist so haben Die Uffr Jerschop Und die erben so in bigge wonen Und ihre gütter noch in olsber Marke haben, ihre mastschweine Zusammen Und alleine gehodt. Aber in der nachmast haben die Erben in bigge niemalß Schweine treiben mögen.
It. Auß Oilßber Mark hatt man niemalß brennholtz nach dem schelenstein folgen lassen sondern wen die Wreden sich dessen Unterstanden, seind sie Von Denen Von Oilßber gepfändet, oder ihnen Daß holtz abgenommen, Und wirtt den wreden Und ihren nach Kommenden Uffr Jerschop deß geholtzes halber Keine gerechtigKeitt mehr gestatt, alß waß Zum hoff Jerschop nötigh gleich anderen in oißbern.
Die Von Oilßber haben Je Und allezeit Uffr Jerschop gefischett. Und den Vom Dorffe hinauff biß an Wreden boden Da Krüpers hütten wiese wendett, Von dar gehortt Die fischerei Wreden biß bober die wermeKe, Da Die fordt dürchgehett, Untter Kolhasens wiese, Von dar fischen Die Von Oilßber Wieder ahn biß Vors Crutz anß Elleringhauser wasser.
Der Kondukterhof wurde 1852/53 abgerissen. Direkt daneben wurde ein in Wiggeringhausen abgebrochenes Haus hier wieder neu aufgebaut. Bis 1877 waren Brüne die Pächter, dann war es die Familie Kruse. Krusen kauften den Hof für 450 Taler. Vor einigen Jahren verkauften Krusen den Hof. Besitzer wurden die Familien Wilschke und Boßmann. Im Jahre 2006 wurde das Haus durch Feuer zerstört. An fast gleicher Stelle haben die Boßmanns ein schönes neues Wohnhaus errichtet. Der Landwirtschaftliche Charakter ging verloren, somit gilt die eigentliche Hofstätte als untergegangen!
Im Hof der Kondukters steht ein schlichtes Holzkreuz vor einem mächtigen Baum. Die Älteren Gierskopper berichteten, dass das Kreuz schon um 1900 errichtet worden sei. An dieser Stelle soll damals ein Fuhrwerker tödlich verunglückt sein.
Der Schultenhof wird heute von der Familie Thomas Müller bewirtschaftet. Hart getroffen wurde die Familie durch einen Stallbrand im Jahre 2002. Einige Tiere, wie auch die Kaltblutstute Sissi und das Gebäude verbrannten. Die Pferdezucht und die Milchwirtschaft wurden aber nicht aufgegeben, obschon der Einsatz als Holz - Rückepferd entfallen ist. Das im Mai 2008 von der Braunschimmelstute Amanda geborene Hengstfohlen wurde bei den Zuchtschauen in Gevelinghausen und Münster-Handorf Sieger, genau wie die Stute. So kamen beide Pferde mit Siegerschleifen zum Schultenhof zurück. In den neu errichteten Stallungen werden rund 60 Kühe versorgt. Hier wird die Rentabilität sicherlich kritisch betrachtet werden müssen.
Die alte Hofstätte von 1582, erneuert 1837, macht heute einen etwas verschlafenen Eindruck, dient aber Saisonhelfern als Unterkunft. Die Glocke an der Giebelseite schweigt leider immer öfter, darüber sollte man sicher einmal nachdenken. Recht frisch dagegen sehen die im Jahre 2005 errichteten Neubauten aus. Heimische Zimmerleute haben hier mit Guter Sauerländischer Eiche sehr schöne Fachwerkhäuser erstellt.
Die Inschrift über der Haustür lautet:
Fleiß und Arbeit nichts nützt wenn Gott dies Haus nicht schützt!
Erbaut a.D. 2005
Auf einer Steinplatte lesen wir:
Halbspann Hofstätte der Familie Müller Schulten
Erbaut von Thomas und Rita Müller
Ein besonderer Dank gilt Frau Rita Müller für das Gespräch und die Bereitstellung der Bilder mit den Pferden. Bei diesem Bauernhof spürt man, dass hier leidenschaftlich Land- und Forstwirtschaft betrieben wird.
Durch die Aufarbeitung der verschiedenen Themenbereiche erschien mir eine chronologische Auflistung nicht sinnvoll.
Noch eine nette Anmerkung!
Meiers Willi von der Gierskopp war 1954 /55 Schützenkönig in Olsberg. Als Königsbegleiter wählte er sich Müllers Bruno vom Schultenhof und Krusen Heinz vom Kohlhasenhof (Kondukters), also die beiden damaligen Hofstättenbesitzer von der Gierskopp.
Quellennachweis:
Die alten Güter Schellenstein und Gierskopp von 1595
Transkription von Erich Völlmecke 1984
Studien zu den Olsberger (und Gierskopper) Stätten und zu der Olsberger Mark von Dr. Heinrich Körling 1935
Deß Dorffs Olßbern Dorff oder Bauerbuch von Henricus Kropf 1579-1667 Transkription von Erich Völlmecke 1975
Herzogliche Westfälische Landstände, betr. Wreden Hof, Gierskopp
Olsberg, gestern und heute von Josef Roggenkamp 1965
Festschrift zu Einweihung der Schutzhütte an der Grotte Beitrag zur Geschichte von Ferdi Körner 1995
Bilder: von Foto Kruse / Schützenverein von Privat und von Wilfried Rosenkranz