Sind Werkstätten für behinderte Menschen ein Auslaufmodell? Welche Zukunft haben sie in Zeiten der Inklusion? Wie können sie sich aufstellen, um zukunftsfähig zu sein? Mit diesen Fragen beschäftigten sich jetzt die Caritas-Werkstätten für behinderte Menschen in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen bei ihrer Herbstkonferenz in Lingen (Emsland).
Vertreter von 36 Werkstätten und ihren Trägern nahmen daran teil, auch die Werkstatt des Josefsheims Bigge. Aktuell arbeiten deutschlandweit gut 300.000 Menschen mit Behinderung in Werkstätten und verwirklichen so ihr Recht auf Teilhabe am Arbeitsleben. Die Werkstätten verstehen sich dabei als treibende Kraft der Inklusion. „Mit kreativen Ideen und modernen Konzepten entwickeln wir immer neue Zugänge zur Arbeit und zum Arbeitsmarkt und gehen dabei oft auch finanziell in Vorleistung“, stellte Hubert Vornholt, Geschäftsführer des Josefsheims Bigge, fest. Auch Frank Schulz-Nieswandt, Professor für Sozialpolitik an der Universität Köln, sah die Werkstätten in seinem Impulsvortrag für die Zukunft gut aufgestellt. „Inklusion zu verwirklichen bedeutet nicht, alle Einrichtungen der Behindertenhilfe abzuschaffen“, stellte er fest. Denn es gebe kein funktionierendes Äquivalent zu diesen Einrichtungen. „Inklusion ist für alle Beteiligten ein Lernprozess, manchmal auch ein schmerzhafter“, so Schulz-Nieswandt. Die Bedeutung der Werkstätten unterstrich auch Josef Lüttig, Diözesan-Caritasdirektor beim Caritasverband für das Erzbistum Paderborn und gleichzeitig Vorsitzender der Konferenz der Werkstätten: „Die Einrichtungen ermöglichen auch den Schwächsten die Teilhabe am Arbeitsleben, weil sie gezielte Förderung bieten. Ohne Werkstätten wird Inklusion nicht möglich sein.“ In Zusammenhang mit dem geplanten Bundesteilhabegesetz hat der Fachverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie (CBP) eine Neupositionierung der Werkstätten für behinderte Menschen erarbeitet. Sie hebt die besondere Unterstützung hervor, die Werkstätten ihren Beschäftigten bieten: So werden Arbeitsprozesse individuell an den einzelnen Menschen und seine Behinderung angepasst, die Werkstätten gewährleisten verlässliche Begleitung durch qualifiziertes Personal und ermöglichen den Menschen mit Behinderung, soziale Beziehungen aufzubauen. „Werkstätten sind nicht nur ein Arbeitsort, sondern ein Ort des lebenslangen Lernens und Ideengeber für die Gesellschaft“, betonte Bernward Jacobs, Geschäftsführer des Stifts Tilbeck, der das Positionspapier mit erarbeitet hat. Unterstützung bekamen die 36 Caritas-Werkstätten bei ihrer Tagung von der Politik. Uwe Schummer, Beauftragter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für Menschen mit Behinderung, informierte die Teilnehmer der Konferenz über den aktuellen Stand der politischen Diskussion zum Bundesteilhabegesetz. In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass über die grundsätzliche Richtung der Entwicklung Konsens herrscht. Bei den Einzelheiten der Ausgestaltung gibt es aber zwischen der Politik und den Werkstätten und ihren Trägern noch Gesprächsbedarf.
Werkstätten für behinderte Menschen verstehen sich als treibende Kraft der Inklusion.
Foto: Pedro Citoler