Hochsauerlandkreis. Das Kirchliche Arbeitsrecht ist in die öffentliche Kritik geraten. Immer mehr Fälle von gekündigten Beschäftigten landen vor den Arbeitsgerichten. Die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hat eine Kampagne zur Durchsetzung des Streikrechts in kirchlichen Sozialeinrichtungen ins Leben gerufen. Die Kirchen rechtfertigen unverdrossen den sog. „Dritten Weg“.
Aber ihre Begründungen, ‘warum für die Kirchen und ihre Einrichtungen ein besonderes Arbeitsrecht‘ gelten soll, das den Arbeitnehmern wesentliche Grundrechte vorenthält, können nicht überzeugen.
Die SPD-Spitzen der Arbeitsgemeinschaften für Arbeitnehmerfragen (AfA) im Hochsauerlandkreis, Borken, Soest, Lippstadt und Paderborn fanden sich vom 07. bis 09.09.2012 in der IN VIA – Akademie in Paderborn (Caritas) zu einer dreitägigen Klausurtagung zusammen, wo selbige sich über den „3. Weg“, das sog. Kirchliche Arbeitsrecht ausgiebig informieren und beraten konnten. Die Klausurtagung stand unter dem Hauptthema: „Kirche und Arbeitsrecht“ - Die Kirchen auf dem „Dritten Weg“.
Als Referenten konnte der Lehrstuhlinhaber für christliche Gesellschaftslehre an der Theologischen Fakultät zu Paderborn, Prof. Dr. Günter Wilhelms, Berno Schuckart-Witsch, Verdi.-Bundesverwaltung und Hermann Hibbeler, beratendes Mitglied des AfA-Bundesausschusses aus Detmold-Lage gewonnen werden.
Prof. Dr. Günter Wilhelms bezog sich in seinem gut 2-stündigen Referat auf die Themenschwerpunkte Kirche, Staat und Gesellschaft, der historische Einordnung, die Kirche in der modernen Gesellschaft, die Herausforderungen der Dienstgemeinschaft, dem kirchliches Selbstverständnis, den aktuellen Problemen mit dem "Dritten Weg" und die sozialethischen Reflexionen.
Prof. Dr. Günter Wilhelms abschließend: "Statt den eigenen Interessen nachzugehen, sollten sich Kirche und Gewerkschaften daran erinnern, wie viele Aufgaben und Herausforderungen sie verbinden!"
Berno Schuckart-Witsch, Verdi. Bundesverwaltung informierte in seinem 4-stündigen Referat die Klausurteilnehmer über die Strukturen der kirchlichen Einrichtungen in Deutschland, ökonomische Rahmenbedingungen für die Arbeit kirchlicher Unternehmen, den Arbeitsbedingungen in kirchlichen Einrichtungen, das kirchliche Sonderarbeitsrecht in Deutschland („Dritter Weg“), aktuelle Konflikte, hier: das Streikrecht in kirchlichen Betrieben.
Im Anschluss an beide Fachreferate zogen sich die Klausurteilnehmer zu einer mehrstündigen Analysierung und Beratung beider Vorträge zurück. Darüber hinaus wurde auch der aktuelle Kirchenrechtsantrag der AfA-Hochsauerlandkreis, der eine Neuregelung der Arbeitnehmerrechte innerhalb der Wirtschaftsorganisationen beider großen Kirchen vorsieht, in die Beratungs- und Entscheidungsfindung einbezogen.
-Der v.g. Antrag der AfA-Hochsauerlandkreis ist dem Landesparteitag der NRWSPD am Samstag, den 29. September 2012 überwiesen worden.-
Ebenfalls, so der stv. AfA – Vorsitzende der SPD in Paderborn Stefan Marx, habe man sich mit den Genossinnen und Genossen der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen im SPD-Unterbezirk- Hochsauerlandkreis verabredet, auf eine interne und externe Aufklärungsarbeit hinsichtlich des kirchlichen Arbeitsrechtes in der Sache zu setzen. Weiter werde man auch auf gezielte Maßnahmen wie z.B. der Durchführung einer Podiumsdiskussion mit Verantwortlichen beider großen Kirchen, der Gewerkschaft Verdi und eben auch den kirchlichen Arbeitnehmervertretungen KAB (Katholische-Arbeitnehmer-Bewegung) und der EAB (Evangelische Arbeitnehmerbewegung) setzen, so die beiden stv. AfA-Unterbezirksvorsitzenden im Hochsauerlandkreis, Werner Merse und Sascha Beele.
In Summe geht es um die Forderung einer allgemeinverbindlichen Anerkennung des Betriebsverfassungsgesetzes in beiden kirchlichen Einrichtungen, sowie ein durch Artikel 9 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) abgeleitetes Streikrecht für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den kirchlichen Betrieben. Die oft zitierte Thesenaufstellung seitens kirchlicher Vertreter ist schlichtweg falsch, welche die Behauptung aufstellt, dass die Nichtgeltung des Betriebsverfassungsgesetzes verfassungsrechtlich geboten sei. Eine Sonderstellung darf es hier aus Sicht der AfA-Hochsauerlandkreis nicht geben, da bereits in der Weimarer Zeit um 1920 rum ein Betriebsrätegesetz (ähnlich dem heutigen Betriebsverfassungsgesetz) gab, welches für die Kirchen und ihre Einrichtungen galt. Das heißt, dass Art. 137 Abs. 3 WRV (Weimarer Reichsverfassung) und das damalige Betriebsrätegesetz gleichzeitig galten. Dann ist dies nach meiner Rechtsauffassung selbstverständlich auch noch heute verfassungsrechtlich erlaubt. Erst unter der Adenauer-Regierung im Nachkriegsdeutschland wurde die Nichtgeltung des Betriebsverfassungsgesetzes eingeführt. Das kann und muss man in der Sache und zum Wohle der dort tätigen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer korrigieren, so der AfA-Unterbezirksvorsitzende im Hochsauerlandkreis, Ralf Wiegelmann.
Aufgrund der aktuellen und brisanten Lage beim Marsberger Betonwerkhersteller Kombi-Massiv-Bauelemente, habe man sich ausgiebig über die Situation ausgetauscht, die weitere Vorgehensweise in der Sache beraten und auch die aktuell angelaufenen Maßnahmen erörtert.
Weitere Informationen zur AfA – Hochsauerlandkreis immer aktuell unter www.afa-hsk.de oder unter der Facebookgruppe „AfA-Hochsauerlandkreis“.