Ausstellungsprojekt „BEI UNS“

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artikelbild regionalesBredelar. Einmal im Pausenraum oder auf dem Flur lebensgroße Porträts betrachten: Das Ausstellungsprojekt „BEI UNS“ ist zwei Monate durch Betriebe im Sauerland gewandert. Nun werden alle Werke dort wieder abgehängt und eingesammelt. Sie machen sich auf den Weg in den Kunstraum Sauerland des Kloster Bredelar. Die finale Ausstellung „VERSAMMELT“ wird am Sonntag, 29. September, 11 Uhr, eröffnet. Ab dann können Besucher einen Monat lang mehr als 30 Porträts des renommierten Malers Thomas Jessen sowie Kurzvideos vom ebenfalls überregional bekannten Filmemacher Roman Schauerte erleben.

Ein Resümee der Beschäftigten, das die teilnehmenden Akteure besonders freut: „Du kannst der Kunst und besonders diesen Bildern nicht entkommen!“ Jeder hat irgendwie reagiert auf die Werke, die in Kantinen oder auch in Lagerhallen hingen. Den Untertitel „Mensch_Bild_Mensch“ trug das sommerliche multimediale Projekt: Bis zu drei Werke des Esloher Künstlers Thomas Jessen wurden in Betrieben aufgehängt, und zwar vorrangig dort, wo Pause gemacht wird. Zwischendurch fing der Schmallenberger Kameramann Roman Schauerte, wo gewünscht, Reaktionen ein. Die Kurzfilme wurden auf Social Media und im Internet veröffentlicht.

Und die Reaktionen? Im Autohaus Mercedes Benz Paul Witteler zum Beispiel fühlten sich die Mitarbeiter der Werkstatt in ihrer Pause beobachtet. Besonders das eingängliche, eher melancholische Werk einer jungen Dame war immer wieder Thema. Das Bild selbst war eher klein, die Porträts an den gegenüberliegenden Wänden dagegen riesig. „Du kannst hingucken, wo Du willst, Du kannst den Bildern nicht entkommen. Diese großen Leute und gerade diese Frau! Sie guckt Dich immer an!“, sagte einer der Beschäftigten. „Und das in der Pause, wo ich doch herunterfahren und quatschen will!“ Er scherzt: „Ich habe das Gefühl, die Frau denkt: ,Die Pause ist rum, was machst Du noch hier, los!‘ Und auch bei dem Paar auf dem zweiten Porträt frage man sich: Was soll die angedeutete Szene oben im Bild, wo sie Arm in Arm zusammen liegen? Waren sie das vor 20 Jahren? Oder heute?“ Viele hätten sich Fotos mit Oldtimern gewünscht: „Das passt doch zu unserer Werkstatt!“ Ein junger Auszubildender denkt anders: „Ich finde, die Porträts sind ein Blickfang und machen eine gemütliche Atmosphäre. Man muss ja schon was reininterpretieren und sich fragen, was hat sich der Künstler dabei gedacht, es hierher zu bringen? Vielleicht, wenn die Leute nicht in die Museen gehen, doch einfach zu ihnen zu kommen? Ich find’s gut, da macht man sich mal ganz andere Gedanken!“

Chef Paul Witteler indes kann gut abschalten, wenn er sich in seiner Pause mit was ganz anderem beschäftigt. Er ist sehr zufrieden mit der Aktion: „Alle haben die Bilder wahrgenommen und sich damit auseinandergesetzt. Damit hat der Künstler sein Ziel der Konfrontation absolut erreicht. Und weniger Diskussion wäre ja langweilig geworden!“. „Ich fand’s außergewöhnlich, es holt aus dem Alltag heraus.“ Auf jeden Fall hat er einen ganz anderen Wind in seiner Kantine wehen lassen. Dass nicht allen dies bequem war, erklärt er sich so: „Kunst hat immer etwas in sich, das man nicht weiß, nicht wissen kann. Sie ist keine Frage der Sicherheit.“

Raus aus der Komfortzone. So ging und geht es u.a. auch den Beschäftigten von Pletzinger Haustechnik, Knappstein und Trans Fluid Maschinenbau in Schmallenberg, Medicare in Iserlohn, Tracto in Lennestadt, KettenWulf in Eslohe und Erdenklang in Wenholthausen. Reaktionen vor Ort fing Roman Schauerte mit seiner Kamera ein. Sein Resümee: „Die Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit Kunst ist für mich eine Art Demokratie-Training. Wir setzen uns mit Menschlichem auseinander, das wird heute immer wichtiger.“ Der Maler selbst, Thomas Jessen, freut sich über jede Resonanz zu seinen Bildern: „Egal, wie ein Mensch reagiert, ist dies immer für mich immer eine Bereicherung. Ich empfinde alles als Wertschätzung. Das bestätigt mich darin, dass diese Bilder die Menschen anrühren.“

Im Mai war die Ausstellungsreihe unter dem Titel „AnWesen“ im Museum Gut Rödinghausen in Menden gestartet. „BEI UNS“, der zweite Teil des Projektes, wird nun abgeschlossen. Aktuell wandern die Werke allesamt in Richtung östliches Sauerland, wo sie „VERSAMMELT“ vom 29. September bis zum 27. Oktober ausgestellt werden. Für einen Monat hängen sie im Kloster Bredelar, dessen Förderverein alles initiiert und organisiert hat. Der Vorsitzende Johannes Schröder betont: „Die Besucher erhalten eine einmalige Chance, die nicht wiederkommt: Es sind viele Auftragsarbeiten dabei, die nur in der Ausstellung gezeigt werden, und dann in die Privatsphäre der Gemalten untertauchen.“ Dies alles ist organisiert und initiiert vom Förderverein Kloster Bredelar sowie gefördert durch das Ministerium für Kultur und Wissenschaft im Rahmen des Regionalen Kultur Programms NRW (RKP).

Öffnungszeiten der Ausstellung „Versammelt“ im Kunstraum Sauerland (Sauerlandstraße 86, Marsberg-Bredelar): Mittwoch, Freitag, Samstag, Sonntag 14 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung, Eintritt frei

Infos: Telefon: 02991 962535, 0170 1829548, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein., www.kloster-bredelar.de

Pausenraum Witteler2

Gemischte Gefühle: Werkstattleiter Sebastian Schuricht (l.) und Ausbildungskoordinator Thomas Skoczylas vor den Porträts im Pausenraum des Autohauses Mercedes Benz Paul Witteler in Brilon.

Foto: Roman Schauerte

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