Es war vor allem ein Zeichen – und offenbar eines, das einige Ratsmitglieder mit reichlich Wut im Bauch gegeben haben: Mit breiter Mehrheit hat der Rat der Stadt Olsberg dem Projekt des Hertener Unternehmens Naturwerk, im Bereich von Helmeringhausen und Gevelinghausen sieben Windräder zu errichten, sein gemeindliches Einvernehmen versagt. Konkrete Folgen dürfte das aber eher nicht haben: Mit einiger Wahrscheinlichkeit wird der Hochsauerlandkreis das von Olsberger Seite versagte Einvernehmen ersetzen.
Denn einen Entscheidungsspielraum in der Sache hatten die Ratsmitglieder eigentlich nicht – das machten die Beschlussvorlage von Hubertus Schulte, Leiter des Fachbereichs Bauen und Stadtentwicklung, und die Ausführungen von Fachanwalt Thomas Tyczewski, Rechtsbeistand der Stadt Olsberg, mehr als deutlich. Da das Vorhaben alle rechtlichen Anforderungen an Bauplanungsrecht, Erschließung und Denkmalrecht erfüllt, muss die Stadt ihr Einvernehmen zu dem Vorbescheid erteilen – einen Ermessensspielraum gibt es nicht. Basis dafür ist vor allem die Privilegierung der Windenergie im bauplanungsrechtlichen Außenbereich. Das Verfahren selbst ist nicht öffentlich – daher hatten Ratsmitglieder und Stadtverwaltung Fragen der Bürgerschaft gesammelt, die dann im Rahmen der Ratssitzung durch Hubertus Schulte und Thomas Tyczewski beantwortet wurden.
Dabei wurde deutlich, dass das Vorgehen der Firma Naturwerk durch die rechtlichen Vorgaben gedeckt sei, unterstrich Rechtsanwalt Tyczewski. Durch den Vorrang des Bundesrechts werde das Vorhaben des Landes NRW, den Ausbau der Windkraft über die Regionalplanung zu steuern, vorerst quasi „ausgehebelt“ – Versuche des Landes NRW, hier noch einzugreifen, wurden durch zwei Urteile des Oberverwaltungsgerichtes in Münster gestoppt. Thomas Tyczewski: „Wir haben ein Delta, in dem überhaupt keine planerische Steuerung von Windkraftanlagen möglich ist.“ Noch deutlicher wurde Bürgermeister Wolfgang Fischer: „Wir haben nur noch die Auswahl zwischen Pest und Cholera. Aber das ist wohl politisch so gewollt.“
Gerade diese Machtlosigkeit war es aber, die bei zahlreichen Ratsmitgliedern für erheblichen Unmut sorgte. Man habe nichts gegen Windenergie, so Frank Kleine-Nathland (CDU), Ratsmitglied für Helmeringhausen und Gevelinghausen: „Aber wir haben etwas gegen Wildwuchs und die völlige Entrechtung der Kommunalparlamente.“ Ein Ausbau „unkontrolliert und ohne jegliches Maß, ohne Beteiligung der Bürger vor Ort“ werde von den Menschen nicht akzeptiert. Die frühere Ampel-Regierung habe die kommunale Planungshoheit „völlig auf den Kopf gestellt“, stellte Frank Kleine-Nathland fest: „Die Planung erfolgt jetzt von oben nach unten“ – Bürger wie kommunale Räte würden nur noch vor vollendete Tatsachen gestellt. Deshalb beantragte er, das gemeindliche Einvernehmen zu dem Windkraft-Projekt zu versagen, „weil wir uns ganz klar gegen die Außerkraftsetzung der demokratischen Mitbestimmung zur Wehr setzen.“ Die Energiewende könne nur dann gelingen, „wenn die Bürger mitgenommen werden.“
Auf eine entsprechende Frage von SPD-Fraktionschef Helmut Kreutzmann, ob die Emissionen eines Windparks eine künftige Ausweisung von Wohn- oder Gewerbegebieten im Umfeld beeinträchtigen könnten, bestätigte Thomas Tyczewski diese Annahme. Bei einer weiteren Frage Kreutzmanns, welche juristischen Schritte denn noch dieses Projekt verhindern könnten, konnte der Fachanwalt indes nicht weiterhelfen: „Ich kann aus Schwarz nicht Weiß machen.“ Auch FDP-Fraktionsvorsitzender Dominik Stahl sprach sich gegen ein Einvernehmen aus – er sah bei dem Unternehmen Naturwerk eine „skrupellose Projektstrategie“.
Für die Fraktion von Bündnis 90 / Die Grünen kritisierte Steffen Malessa, dass die Stadt Olsberg in der Vergangenheit nicht ihr Verfahren zur Aufstellung eines sachlichen Teilflächennutzungsplans wieder aufgenommen habe, um mit diesem Instrument den Windkraft-Ausbau zu steuern. Bürgermeister Fischer ließ das nicht gelten: Zum einen sei man dem fachlichen Rat gefolgt, dass dieses Verfahren nicht mehr fristgerecht zum Erfolg geführt werden konnte. Und zum anderen seien Flächennutzungspläne ein juristisch sehr angreifbares Instrument – eine Auffassung, die auch Anwalt Tyczewski bestätigte.
Auf eine Frage von Steffen Malessa, was denn passiere, wenn man das Einvernehmen versage, antwortete Thomas Tyczewski, dass dann der Hochsauerlandkreis als Genehmigungsbehörde diese Entscheidung der Stadt Olsberg vermutlich überprüfen und – wegen fehlender sachlicher Grundlagen – das gemeindliche Einvernehmen ersetzen werde: „Es spricht eine große Wahrscheinlichkeit dafür.“ Gleichwohl werde durch eine solche Ratsentscheidung „ein Zeichen gesetzt“ – unabhängig von einer rechtlichen Bewertung.
Mit den Stimmen von CDU, SPD und FDP wurde das gemeindliche Einvernehmen schließlich versagt – Bündnis 90 / Die Grünen und Linken-Ratsmitglied Günter Villnow schlossen sich dieser Entscheidung nicht an.